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Ein Tick mehr Hoffnung

Ein Abend mit dem Vizepräsidenten des EU-Parlaments beim Europa-Abend im „Kemnater Forum“ am 18. 05. 2017

 

Rainer Wieland, EU Abgeordneter und Vizepräsident des EU- Parlaments

Rainer Wieland, EU Abgeordneter und Vizepräsident des EU- Parlaments

„Jedes Land hat seinen eigenen Platz auf der Landkarte in Europas und kann da nicht weg – ebenso wenig wie aus seiner Geschichte und Kultur“. Das verdeutlichte Rainer Wieland, EU Abgeordneter und Vizepräsident des EU- Parlaments, bei seinem Vortrag am 18. Mai in Kemnat. Er kam direkt aus  Straßburg auf Einladung der Evangelischen Kirchengemeinde. Sie hat  in Verbindung mit den Netzwerken „Miteinander für Europa“ und dem „Gebet für Stuttgart“ diesen gut besuchten Abend veranstaltet unter dem Thema: Die EU –  zwischen  Faszination und Ratlosigkeit nach 60 Jahren.  Initiiert und konzipiert wurde dieses neue Veranstaltungsformat von  Dr. Hans-Hermann Böhm, der dort Kirchengemeinderat ist und zugleich im „Kreis zur Einheit“ und bei Veranstaltungen des MfE mitwirkt.

Einen lockeren Einstieg bekam das Thema  durch einen „Europa-Quiz“, von Simon Fichtner, ein Mitarbeiter der Gemeinde. Der gipfelte nicht in der Frage “wer wird Millionär“ sondern welche Identität haben die Anwesenden eigentlich: eine Deutsche oder eine Europäische? Bitte um Handzeichen.“

Die lebendige Vortragsweise von Rainer Wieland brachte den Besuchern des Abends  viele  Informationen zu Kernthemen Europas: Von Wirtschaftspolitik über Entwicklungshilfe bis zur Flüchtlingskrise und konkreten Standards, die gerade erarbeitet werden. Durch diese Kenntnisse aus erster Hand, die nicht durch die Medien gefiltert waren, wurden viele neue Sichtweisen möglich.  Ein Beispiel: „Deutschland ist nicht der größte Zahlmeister Europas - wie ständig verbreitet wird, denn in Wirklichkeit, steht es im pro Kopf-Vergleich an 4 oder 5. Stelle.

Der EU-Parlamentarier spitzte zu: „Nicht die EU ist letztlich der Treiber der Globalisierung. Jeder von uns wird zum Treiber der Globalisierung, wenn er die Preise an den Supermärkten vergleicht und den Sonderangeboten nachrennt.“

Durch diesen Abend wurde besonders deutlich: Bei uns selbst, den Bürgerinnen und Bürgern  der 27 Nationalstaaten, liegen sehr viel mehr Möglichkeiten zur  Mitgestaltung Europas als uns  bewusst ist. Und wenn das  Europaparlament  erfolgreich wirksam sein will, dann muss es zuerst das Hauptinteresse und den Standpunkt der jeweiligen Nation herausfinden. „Erst wenn jeder die Position des anderen beschreiben kann, können wir anfangen.“, so der Vizepräsident des EU-Parlaments.

Auf die Frage, was heute der Beitrag der Christen für Europa sein könnte, drückte Rainer Wieland, der einen 15 Stunden Arbeitstag hat, die Erwartung aus, dass „sie einen Tick mehr Hoffnung  haben und verbreiten sollten.. Heitere Gelassenheit. Probleme sind da, um gelöst zu werden.“

Gerhard Pross  berichtete über die Ziele und Arbeit der geistlichen Bewegungen im „Miteinander für Europa“. Er sieht den Beitrag ebenfalls darin, sich nicht von der Konfession und  Kultur des anderen abzugrenzen, sondern gerade in der Andersartigkeit des anderen einen Reichtum zu entdecken. Das sei die tragende und Grunderfahrung in den über 15 Jahren in dieses Netzwerks, von dem viele Impulse in den Raum der Kirchen und Gesellschaft ausgehen. „Dabei  geht es nicht um ein Gleichschalten, sondern um eine versöhnte Verschiedenartigkeit - zwischen Menschen und Ländern.“  Das erfordert von uns allen: „Lernen, aufeinander zu hören, Respekt vor der Position des anderen und eine größere Breite zulassen.; Nein sagen zu Populismus und eintreten für eine Kultur der Barmherzigkeit.

Europa braucht die christlichen  Werte, auch wenn der Gottesbezug nicht in die Präampel der europäischen Verfassung hineingekommen ist. Und Europa braucht  unser Gebet.“

So wurde dieser abwechslungsreiche und herausfordernde Abend abgeschlossen mit einem „Gebet für Europa“ durch VertreterInnen von geistlichen Gemeinschaften und der Kirchengemeinde. (Das Gebet befindet sich in dem Anhang). Durch diesen Abend wurde die Gemeinde vor Ort zu einem tragfähigen Kristallisationspunkt zwischen dem was politisch und geistlich in Europa bereits geschieht  und weiter bewegt werden kann - ein Zukunftsmodell.

Otto Haußecker, Tertiärgemeinschaft der Christusbruderschaft Selbitz